Sehr geehrter Herr Ratspräsident, sehr geehrte Damen und Herrn Regierungsräte, geschätzte Kolleginnen und Kollegen
Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, dass die Finanzkommission dem Kantonsrat beantragen wird, einem Budget mit einem Defizit von mehr als einer halben Milliarde zuzustimmen, ich hätte sie oder ihn für verrückt erklärt.
Aber es gibt wohl so einige Tatsachen, die wir vor einem Jahr überzeugt als «Fake-News» abgetan hätten. Corona hat unsere Welt auf verschiedenen Ebenen ziemlich aus den Fugen gebracht. Es war rasch klar, dass die Pandemie nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine wirtschaftliche und soziale Herausforderung ist. Und es ist deshalb nicht erstaunlich, dass Corona auch tiefgreifende Spuren im Budget 21 bzw. KEF 22-24 hinterlässt.
Schon eher erstaunt es, dass wir heute und in den nächsten Tagen nicht harte Auseinandersetzungen um ein Sanierungsprogramm führen, sondern eine fast normale Budget/KEF-Debatte. Dass wir finanziell -mindestens bis jetzt- mit einem blauen Auge davongekommen sind und uns der FIKO-Antrag nicht sofort in Schnappatmung versetzt hat, ist insbesondere auf drei Punkte zurück zu führen:
- eine robuste Wirtschaft
- ein leistungsfähiges Gesundheitswesen, das uns ein relativ lockeres Corona-Regime erlaubt
- die solide bürgerliche Finanzpolitik der letzten Jahre, welche den Boden gelegt hat, dass wir solche Herausforderungen bewältigen und grosszügige Härtefallpakete schnüren können.
Wenn ich dann höre, wie eine ehemalige Finanzkommissions-präsidentin der SP dieser Tage zum Auftakt der Budgetde-batte in Bern verlangt, «es sei jetzt zu klotzen statt zu kleckern», dann läuft es mir kalt den Rücken herunter. Offenbar scheint man auf der Linken Seite noch immer zu glauben, das Geld wachse auf Bäumen. Wann endlich setzt sich die Erkenntnis durch, dass jeder Franken, den der Staat verteilt, zuerst von jemandem verdient werden muss?
Selbstverständlich muss der Staat in dieser besonderen Situation denen helfen, die wegen Corona in existenzielle Not geraten sind. Es ist auch richtig, wenn sich der Staat am Schaden derjenigen beteiligt, welche zum Wohl von uns allen tiefgreifende Einschränkung in ihrem wirtschaftlichen Handeln in Kauf nehmen müssen. Und natürlich soll der Staat von ihm bestellte Vorhalteleistungen bezahlen.
Es wäre aus Sicht der FDP auch falsch, die Verwaltung jetzt einem Sanierungsprogramm auszusetzen. Die personellen Ressourcen werden namentlich in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Volkswirtschaft gebraucht, um die Pandemie wirkungsvoll zu bekämpfen und deren langfristige Folgen möglichst gering zu halten. Gesundheit schützen - Arbeitsplätze retten ist zurzeit oberstes Gebot! Und auch sinnvolle Investitionen in eine nachhaltige Infrastruktur sollen nicht aufgeschoben werden. Sie sind gerade jetzt ein wichtiger Beitrag, um die Wirtschaft am Laufen und unser Gesundheitswesen leistungsfähig zu halten.
Mit dem vorliegenden Budgetantrag der FIKO sind wir aber alles andere als zufrieden. Ich kann mich nicht erinnern, dass die FIKO dem Rat jemals Verbesserungsvorschläge bloss im Promillebereich unterbreitet hat. Und das bei einem Defizit von mehr als einer halben Milliarde Franken und einem um über 1.2 Mrd. Franken verfehlten mittelfristigen Ausgleich. Hinzukommt, dass der mittelfristige Ausgleich nicht nur wegen Corona miserabel aussieht, sondern auch weil der Kanton ab 2022 eine substanzielle Lastenumverteilung von den Gemeinden übernimmt.
Wir hätten daher von der FIKO erwartet, dass sie jeden Stein einzeln umdreht, d.h. jede Position auf ihre Notwendigkeit und Zweckmässigkeit überprüft, neue Wunschausgaben konsequent abblockt und mit KEF-Erklärungen oder einer Finanzmotion aufzeigt, wie der Finanzhaushalt mittelfristig wieder ins Lot gebracht werden kann. Wir wären schon zufriedener gewesen, wenn sie mit einem substanziellen Sammelantrag in der LG 4950 ein klares politisches Zeichen ausgesandt hätte. Denn sorry, 17 Mio. ist, wie wenn sie einem Angestellten mit einem Monatsgehalt von 10'000 Franken sagen, er müsse drei Tassen Kaffee im Jahr einsparen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen: verantwortungsvolle Finanzpolitik funktioniert nicht, indem man ausgewähltem Personal Wertschätzungsprämien verteilt oder Institutionen, die man kurzerhand als systemrelevant erklärt, finanziell schadlos hält. Es reicht nicht, wenn wir uns um die kümmern, die aktuell unter der Krise leiden und jene ausser Acht lassen, welche die Rechnung am Schluss bezahlen müssen. Verantwortungsvolle Finanzpolitik ist Enkeltauglich.
Die FDP-Fraktion hat kein Interesse daran, das Budget abzulehnen. Es wäre unverantwortlich, Behörden und Verwaltung in dieser Situation mit einem Notbudget ins neue Jahr zu schicken.
Allerdings erwarten wir in dieser Budgetdebatte noch substanzielle Verbesserungen und appellieren insbesondere an diejenigen Fraktionen, die eigentlich noch wissen sollten, was verantwortungsvolle Finanzpolitik ist.
- Zum einen die CVP, die sich offenbar bereits in den finanzpolitischen Winterschlaf verabschiedet hat. Ich kann mir vorstellen, dass es Euch im Gräbli in der Bett-Mitte pudelwohl ist. Aber wir brauchen den Support einer verantwortungsvollen Mitte.
- Zum anderen die GLP, die zwischen den Fronten irrlichtert. Ihr wollt eine Wirtschaftspartei sein? Dann nehmt bitte zur Kenntnis, dass die Wirtschaft nicht nur aus coolen Startups besteht, sondern dass es die Grossunternehmen, die KMU und deren Angestellte sind, die Eure Velo- und Seeuferwege finanzieren.
Helft also bitte mit, dass sie nach der Corona-Krise nicht auch noch mit höheren Steuern gebeutelt werden. Und da reicht es einfach nicht, wenn ihr uns in 4950 viermal die gleich mickrige Suppe auftischt und jedes Mal noch etwas mehr Wasser reinschüttet.
Wir erwarten hier ein glasklares Zeichen von Eurer Seite.